Sand im Dekollete by Micha Krämer

Sand im Dekollete by Micha Krämer

Autor:Micha Krämer [Krämer, Micha]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: CW Niemeyer
veröffentlicht: 2022-02-05T16:00:00+00:00


KAPITEL 12

Mittwoch, 23. September 2020, 6:45Uhr

Hotel Klabautermann / Langeoog

Ulli Schneider wollte nicht aufstehen! Mit geschlossenen Augen lag er im Bett und hatte die Bettdecke bis unter das Kinn gezogen. Diese Tour nach Langeoog entwickelte sich zu einem einzigen Albtraum. Vielleicht, so überlegte er, hatte er die Geschehnisse der letzten Tage tatsächlich nur geträumt. Was, wenn er jetzt duschte, zum Frühstück ging und Erna Kolchowsky ihn mit einem blöden Witz am Frühstücksbüfett begrüßte? Das Ehepaar Witzka war gestern am Abend gar nicht vorzeitig abgereist, sondern saß gleich in trauter Einigkeit an einem Tisch im Frühstücksraum. Es war auch gestern niemand während einer Prügelei über Bord gegangen, und Hubert Bitterbach hatte auch kein blaues Auge verpasst bekommen. Alles war wieder gut. Er hatte das alles nur geträumt. Er befand sich auf einer der schönsten Inseln in der Nordsee und nicht im verfluchten ostfriesischen Bermudadreieck.

Ulli seufzte. Wunschdenken half nichts, er musste da jetzt durch und sich der Wirklichkeit stellen. Vielleicht hatte er ja Glück, und die restlichen drei Tage liefen gesitteter ab als die ersten drei. Er würde drei Kreuze schlagen, wenn es am Samstagmorgen nach dem Frühstück wieder nach Haus ging und der Rest der Truppe bis dahin schadlos überlebte.

Er duschte ausgiebig und sehr heiß, zog sich an und ging dann nach unten zum Frühstück. Der Weg führte ihn am Zimmer von Frau Kolchowsky vorbei, an dem noch immer ein Polizeisiegel klebte. Er hatte es gewusst – es war kein Traum gewesen.

Ulli liebte es, ausgiebig zu frühstücken. Er war schon irgendwie ein Genussmensch. Das Büfett in diesem Hotel war wirklich vom Allerfeinsten. Leider wollte ihm das Frühstück heute so überhaupt nicht schmecken. Für den Nachmittag war eine Wattwanderung geplant. Um 13 Uhr sollte es losgehen. Je mehr Ulli daran dachte, umso mehr zog sich allerdings sein Magen zusammen, und umso weniger bekam ihm das Frühstück. Wattwanderungen waren nicht ohne Risiko. So manch einen, der sich verlaufen oder der die Zeit vergessen hatte, hatte das Meer sich geholt.

Natürlich, sie hatten einen erfahrenen Wattführer dabei.

Der Mann machte das schon seit vielen Jahren und kannte sich bestens aus. Zumindest war ihm das bei der Buchung versichert worden. Eigentlich sollte diese Wanderung total save sein. Dennoch war ihm so unwohl. Diese Wäller Rumkugeln schienen das Unheil ja quasi anzuziehen. Er würde erst wieder lachen können, wenn alle vollzählig und lebendig aus dem Watt zurückkämen. Sein Vorschlag gestern, die Wanderung abzusagen, war auf taube Ohren gestoßen.

„Ach, Herr Schneider, gut dass ich Sie gerade treffe. Ich hätte da mal ein Frage“, sprach ihn Hans Peter Thiel an und setzte sich zu ihm an den Frühstückstisch.

„Herr Thiel … was gibt es denn?“, fragte er freundlich und versuchte sich dabei nicht anmerken zu lassen, wie ihm diese Truppe auf den Senkel ging.

„Ich habe gehört, dass Herr und Frau Witzka gestern am Abend noch abgereist sind. Ist das wahr?“, erkundigte sich der pensionierte Polizeibeamte, der zu den eher gemäßigten Teilnehmern der Reise gehörte. Ein netter älterer Herr, der nicht viel sprach.

„Ja, die beiden wollten nach dem Vorfall gestern unbedingt heim“, gestand er.



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